Baraldi, C., Corsi, G. & Esposito, E. (1997). GLU. Glossar zu Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Der Klappentext verdeutlicht,worum es diesem Buch geht: "Dieses Glossar zu Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme möchte den Zugang zu ihr erleichtern. Denn diese Theorie arbeitet mit einer ständigen internen Verweisungsstruktur, in der jeder zusätzliche Begriff die Anfangsbegriffe spezifiziert und verarbeitet. Diese Zirkularität der Konstruktion wird innerhalb der Theorie erklärt und begründet; sie ist einer der Gründe ihrer Leistungsfähigkeit, aber zugleich erschwert sie die erste Begegnung mit ihren Kategorien - da die Beherrschung der einen die Kenntnis aller anderen im Prinzip voraussetzt, während die anderen ihrerseits in einem unendlichen Kreis von Verweisungen die Kenntnis der Ausgangstheorie erfordern." Die Autoren schlagen Lesewege durch das Buch vor. Auf diesen Wegen wird der Verweischarakter und die Zirkularität der Theorie deutlich erfahrbar. Das Glossar eignet sich zur Annäherung an die Primärliteratur genauso, wie als übliches Glossar während der Lektüre der Primärliteratur.

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Selbstbestimmung und heimliches Betreuungskonzept

"Dies hängt mit einem Phänomen zusammen, das wir "heimliches Betreuungskonzept" (Linge/Theunissen 1993, 94) genannt haben. Es bezeichnet alle Prozesse und Regelungen, die nebenbei, unbeabsichtigt und unbewußt ablaufen, die enorm wirksam sind und eine "heimliche" Fremdsteuerung, eine gedankenlose Rundumversorgung und Überbehütung sowie eine subtile Überwachung bedeuten. Auch wenn viel Selbstbestimmung proklamiert wird, erhalten trotzdem viele geistig behinderte Menschen keinen eigenen Schrank- oder Zimmerschlüssel; das Personal ist es, das bestimmt, wann und wie lange der Einzelne morgens baden, ob er duschen oder baden darf, welches Shampoo und welche Seife er verwenden, welches Handtuch zum Abtrocknen er nehmen, welche Unterhose und Strümpfe er anziehen soll, wann gefrühstückt wird, wieviel und was er essen oder trinken darf... Damit lernen die Behinderten ganz "heimlich" und im Verborgenen, daß sie nicht über ihre eigenen Lebensumstände verfügen und daß sie ihre Gefühle, Interessen und Bedürfnisse zu unterdrücken haben." (S. 59)

Theunissen, G. &Plaute, W. (1995). Empowerment und Heilpädagogik. Freiburg im Breisgau: Lambertus.