Dederich, M., Greving, H., Mürner, C., Rödler, P. (2009). Heilpädagogik als Kulturwissenschaft. Menschen zwischen Medizin und Ökonomie. Psychosozial-Verlag: Gießen.

In diesem Sammelband werden in 17 Aufsätzen die Auswirkungen bestimmter Aspekte der Ökonomie und Medizin und deren Auswirkungen auf ein inklusives Menschenbild bearbeitet. Die Beiträge werden hierfür in drei Kapitel kategorisiert: Ökonomisierung, Medizinierung und Heilpädagogik als Kulturwissenschaft. Es kommen verschiedene Autoren zu Wort, u.a. Jantzen, Kobi, Rösner und Buchka. Den Herausgebern geht es darum, in Ergänzung und Abgrenzung von den (Leit-) Paradigmen der Medizinierung und Ökonomisierung den Blick auf die Teilhabeperspektive zu erweitern. Hierzu wird eine kritische kulturwissenschaftliche Heilpädagogik skizziert, die neben dem originären heilpädagogischen Blick auf das Individuum auch die sozialpädagogische Perspektive der Einbettung in die Umwelt und den sich daraus ergebenden Wechselwirkungen benennt.

In dem Vorhaben der Herausgeber werden die Überschneidungen und das gegenseitige Verwiesensein des jeweils eigenen von Heil- und Sozialpädagogik deutlich. Das Buch ist damit auch als Beitrag zu einer Emergenz beider Perspektiven zu betrachten, die auf dem Kern der Beibehaltung der Selbständigkeit aufbaut und verdeutlicht, welche sozialpädagogischen Aspekte der Heilpädagogik und welche heilpädagogischen Aspekte der Sozialpädagogik innewohnen.

Das Buch eignet sich für Praktiker, die mit etwas Abstand zum eigenen Arbeitsfeld Anregungen für Reflexionen suchen, denn die Effekte der Ökonomisierung und Medizinierung sind im Arbeitsfeld an vielen Stellen sichtbar und spürbar. Für Theoretiker eignet sich das Buch ebenfalls, da es Effekte der Verschränkung von Medizin und Ökonomie darstellt und eine selbstbewusste und kritische Positionierung der Heilpädagogik in diesem Feld verfolgt.

Mein persönliches Highlight in dem Buch ist das Interview mit Klaus Dörner, der Stellung zu den Chancen der Ökonomisierung bezieht.

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Basale Selbstbestimmung

Elemente basaler Basale Selbstbestimmung (Überwindung des intellektuell verkürzten Verständnis von Selbstbestimmung, welches, zu Ende gedacht, Menschen mit schwerer geistiger Behinderung ausschließen würde (S. 93):

1. Selbstentscheiden - dem Menschen mit geistiger Behinderung bei den kleinsten Angelegenheiten des Alltags die Möglichkeit geben, zu entscheiden (Autonomieprinzip).

2. Erfahren der eigenen Wirkung - (Notwendigkeit der) Erfahrung, dass die eigene Aktivität grundsätzlich zu einem Resultat führt (Ausbildung der Kopplung von Handlung und Erfahrung).

3. Selbsttätigkeit - Selbstbetätigung im Sinne einer motorischen Aktivität aus eigenem Impuls, im eigenen Rhythmus. Selbstbestimmung wird hinsichtlich der kognitiven Anforderungen voraussetzungsloser. (S. 77 ff.)

 

Weingärtner, C. (2009). Schwer geistig behindert und selbstbestimmt. Eine Orientierung für die Praxis. Freiburg im Breisgau: Lambertus.