Dalferth M. (1995). Behinderte Menschen mit Autismussyndrom. Probleme der Perzeption und der Affektivität - ein Beitrag zum Verständnis und zur Genese der Behinderung. Heidelberg: Universitätsverlag Winter.

Dissertation von Matthias Dalferth zum Thema Autismus. Klinisch ausgerichtete Ausführungen, die mir persönlich einen Rahmen angeboten haben, manche autistische Verhaltensweisen, die mir in der Praxis begegnet sind, anders einzuordnen (z.B. das Umkehrphänomen, besser zu verstehen und alternativ darauf einzugehen. Aus dieser Perspektive ein wichtiger Beitrag zum Umgang mit autistischen Menschen im praktischen Alltag. Auf die Perspektiven der Autismusspektrumsstörung und der Neurodiversity wird nicht eingegangen (die Erstauflage des Buches stammt von 1986, die Zweitauflage wurde nicht aktualisiert), da diese im deutschsprachigen Raum erst spät rezipiert wurden, daher sollte die Lektüre mit entsprechend aktuelleren Beiträgen angereichert werden.

Inhaltlich geht Dalferth auf folgende Schwerpunkte ein: Phänomenologische, epidemoligische, ätiologische und symptomatische Aspekte des frühkindlichen Autismus; Heimbewohner mit frühkindlichem Autismus - Ergebnisse einer Untersuchung; Die Entwicklung der Wahrnehmungstätigkeit beim Kinde - Integration, Funktion und Störungen der Perzeptionsprozesse; Der frühkindliche Autismus - eine Störung der Wahrnehmung und Wahrnehmungsverarbeitung - Experimentelle Befunde zur Perzeptionstätigkeit autistischer Kinder unter besonderer Berücksichtigung des visuellen Systems; Perzeptive Besonderheiten bei autistischen Heimbewohnern.

...what about...

Erlernte Hilflosigkeit

- Hilflosigkeit und Apathie können erlernt werden: Leben Menschen in Institutionen, in denen alle Entscheidungen abgenommen werden, entwickeln sie entsprechendes Verhalten

- Abnehmen von Entscheidungen, Handeln ohne Erfolg oder Konsequenz haben Auswirkungen auf die Motivation und die Kognition (vgl. Deci &Ryan: Selbstbestimmungstheorie der Motivation): "Verliert der Mensch die Kontrolle über die Konsequenzen seines Verhaltens, so erlebt er sein Handeln als unsinnig, dies verringert seine Motivation zum Handeln, er reagiert apathisch und hilflos." (S. 176)

- Einfluss auf die Kognition: Nach Erfahrung der Unkontrollierbarkeit hat der Mensch Schwierigkeiten wieder zu lernen, dass seine Reaktionen einen Einfluss haben

- Glaube, dass Erfolg und Misserfolg unabhängig vom eigenen Können sind

- Bewohner in Institutionen sollte ein größtmögliches Maß an Selbsttätigkeit und Selbstentscheidung erhalten bzw. ermöglicht werden

- Selbstbestimmung und Gestaltungsmöglichkeiten sind daher nicht nur pädagogische Ziele auf Grundlage eines Menschenbildes, das den autonom handelnden individuellen Menschen im Blick hat, sondern eine wesentliche Voraussetzung für die psychische Gesundheit des Menschen und damit für seine physische Existenz (S. 176)

 

Thesing, T. (2009). Betreute Wohngruppen und Wohngemeinschaften für Menschen mit geistiger Behinderung. Freiburg im Breisgau: Lambertus.